Cascia Mai/Juni 2014

 

Voller Vorfreude auf die Zeit in Cascia und verlockt durch den Titel „Die ordnende Kraft der Liebe“ machten wir, Elisabeth und ich, uns auf den Weg nach Italien.

In Mailand erwartete uns schon eine Unterkunft in einer Pfarrei, ein Haus das Menschen aufnimmt, die in der Nähe ihrer Angehörigen sein wollen, die sich in Mailand im Krankenhaus behandeln lassen müssen.

Ein wunderbarer Abend in der Familie des Sohnes von Grit war ein Geschenk, wir haben uns sehr aufgehoben gefühlt. Erstaunlich fand ich, wie lebendig dieses Viertel mit vielen, vielen Bewohnern erscheint und welch wichtiges Zentrum die Pfarrei darstellt. Ob es das in Deutschland noch so gibt?

 

Mit Grit ging es dann weiter - es war eine kurzweilige Fahrt mit sich wirklich näher kennenlernen und an der Geschichte und am Leben des anderen teilhaben können.

Und wir stellten gemeinsam immer wieder fest, wie schön und überraschend Italien ist. Eine kleine Pause in Trevi, das wie viele Städtchen an den Felsrand geklebt erscheint am Rande des Umbratales mit einem grandiosen Ausblick, und dann das Einbiegen in die Berge, die enger werdenden Täler das Aufstreben der Felsen und Felswände. Kurz vor Cascia war ein Tunnel gesperrt, uns wurde deutlich gemacht, dass wir einen anderen Weg fahren sollten. So waren wir dankbar vor dem Tunnel „aufgehalten“  worden zu sein. Und wie groß war unsere Dankbarkeit als wir in Cascia erfuhren, dass Uli und Martin das Auto „hinter“ dem Unfall waren aber keinen Schaden erlitten hatten und dass Martina und Margret gerade kurz zuvor durchgefahren waren. Alle kamen - ob mit Auto, Zug oder Flugzeug - ohne Unfälle an und soweit ich mitbekommen habe auch wieder nachhause. Welch ein Geschenk.

Wie schön ist es doch erwartet und in der Fremde von offenen Armen und Herzen empfangen zu werden.

 

Nach der langen Fahrt brauchten wir erst einmal ein wenig Zeit, um auch wirklich zu begreifen, dass wir angekommen waren und uns auf die Atmosphäre von Cascia einzustellen.

 

Doch rasch war eine sehr vertraute Atmosphäre da, morgens führte uns Margarete mit ihrer unvergleichlichen Art wieder an den Tag heran und in ihn hinein.

Christoph machte uns mit den Besonderheiten von Cascia vertraut und im Mittelpunkt stand Rita und ihr Leben und ihre besondere Verbindung zu Gott, die sie auf eine erstaunliche Art und Weise mit den Belastungen in ihrem Leben aber auch der damaligen Zeit umgehen ließ und die Menschen auch heute noch anzieht. Da es um die Zeit des Ritafestes war, waren viele Pilger in Cascia und es war sicher für uns mehr oder weniger erstaunlich mit welcher Art und Weise dies gelebt wird. Es ist sicherlich für uns – für den einen mehr für den anderen weniger – befremdlich. Ich persönlich fand es faszinierend, dass Menschen so offen und mit Hingebung und viel Symbolik ihre Verehrung zum Ausdruck bringen.

Ja es gibt so viele Wege und Zugänge zum innerlichen Erleben, so vielfältig wie wir Menschen nun einmal sind.

 

Werner hat wieder in seiner nach wissenschaftlichen Erklärungen suchend und mit neuen Erkenntnissen aufwartenden Art versucht, uns auf diesem Weg einen Zugang zu dem unbegreiflichen Wesen und Wirken Gottes und dem Wesen der Verbundenheit zu schenken. Auch versuchte er uns darzustellen, dass das, was sich in Worten und Gleichnissen auch Metaphern in der Bibel verbirgt, Ausdruck in der Gestaltung der Welt findet. Es war für mich faszinierend mich darauf einzulassen und mir klar zu machen, dass wir auf die vielfältigste Art und Weise von Energie und Energiefeldern umgeben sind. Allein die Vorstellung, dass Energie sich so verdichten kann, dass sie sich materialisieren könnte und auch wieder in einen anderen Zustand übergehen kann, ist beeindruckend. Und wie die einzelnen Energiefelder auf uns einwirken, wie sie uns miteinander verbinden und beeinflussen und welche Verantwortung aber auch Chancen sich dahinter verbergen....

 

Ja und dann der gemeinsame Zugang über die Bibeltexte, der Austausch miteinander, das sich gegenseitig teilhaben lassen an den Gotteserlebnissen, es hat mich tief berührt, beeindruckt und schwingt immer noch in mir nach. Darin ist glaube ich wirklich das Geheimnis verborgen, dass wir darin uns gegenseitig bestärken und unsere Beziehung zu Gott aber auch zueinander und im gemeinsamen Glauben vertiefen. Mehr als einmal hatte ich das Gefühl als wäre noch eine weitere „Macht“ im Raum, als wäre „etwas“ oder „jemand“ anwesend, es war zu spüren nahezu zu greifen und hinterließ bei mir einen tiefen Eindruck, eine Gefühl nahe der Ehrfurcht.

 

Und dann die weitere Vertiefung in den Bibliodramen. Mit Worten ist es nur stümperhaft wieder zu geben welche Öffnungen, welches Erkennen, Begreifen, sich Einlassen und auch Loslassen und sich  fallenlassen möglich wurde. Auch hier habe ich immer wieder gespürt, dass eine weitere Macht am Werke war, die uns geführt geleitet, aufgefangen hat und dadurch Dinge möglich wurden, die wir Teilnehmer, wir Anwesenden nicht „machen“ konnten. Immer wieder war das Wirken Gottes spürbar.

 

Besondere Stunden waren die gemeinsamen Gottesdienste, in die unser äußeres und inneres Erleben einfließen konnte. Beschenkt waren wir durch die wunderbare Stola von Margret, auch hier war eine Verbundenheit mit ein und demselben Geist und auch der verloren geglaubten Heimat zu spüren. Wir alle haben immer wieder uns gegenseitig versichert und es war auch überdeutlich zu spüren: auch wenn Messelhausen als Ort nicht mehr existiert, er ist in unserem Herzen und unserem Empfinden da, und da wo wir uns treffen ist „Messelhausen“.   

 

Ein wunderbares Geschenk war die Musik, die uns Martina und Uli mit ihrem göttlichen Gesang gemacht haben. In das wir natürlich uns alle – mit unseren unterschiedlichen Fähigkeiten - eingereiht haben.

 

Mario, ein betagter Mitbruder von Christoph hat uns mit seiner schlichten und dabei so eindrucksvollen Art an Weisheiten teilhaben lassen, die aus einem tiefgläubigen und „schlichten“ ja fast kindlichem Herzen kamen und ich denke jeden von uns sehr berührt haben. Es war so schön zu beobachten mit welcher Zuneigung und Zärtlichkeit Christoph und er einander zugeneigt waren und mit welcher Behutsamkeit sie miteinander umgehen.

 

Die gemeinsame Zeit war im Nu verflogen auf der einen Seite erschien sie so kurz - auf der anderen Seite hatte ich das Gefühl so viel erlebt zu haben, als wären Wochen vergangen.

 

Was auch überdeutlich zu spüren war, war die Dankbarkeit für die vielen Begegnungen. Wo erlebt man denn schon, dass man sich öffnen kann und an- und aufgenommen wird und man vom gemeinsamen Geist und Haltung getragen wird. Das sind unschätzbare Kostbarkeiten.

 

Zum Ende der Woche begann das Abschiednehmen, angefüllt und bereichert und auch für den einen oder anderen mit gewissen Bangem im Herzen im Hinblick auf den Alltag ging es auf den Nachhauseweg. In unterschiedlicher Zusammensetzung verlebten wir die nächsten Tage miteinander und auch bei verschiedenen Aktivitäten. Zuletzt waren noch Anna-Maria, Barbara, Klaus, Elisabeth Dusel, Christoph und ich zusammen. Samstagmorgen verabschiedeten wir Margarete und Werner sowie Elisabeth und Helmut und machten uns dann auf nach Tolentino, von dem uns Anna-Maria vorgeschwärmt hatte. Und das völlig zurecht. Zunächst konnten wir uns einen Eindruck von Tolentino machen, da die Kirche noch geschlossen hatte. Doch dann nahmen uns vornehmlich die Fresken in der Kapelle gefangen. Hatten wir nicht die Bibelstelle von der Hochzeit von Kanaa im Bibliodrama und fanden hier eine eindrucksvolle bildliche Darstellung? Zufall?, Fügung?!

Sonntag hatten Barbara und ich uns vorgenommen eine Bergwanderung zu machen und Christoph war so davon angezogen, dass er mit uns kam. Mich hatte auf der Karte der Berg Monte delle Rose angesprungen und so machten wir uns auf den Weg. Welch eine grandiose Landschaft, welch Blütenmeer begleitete uns, je nach Höhenlage in unterschiedlicher Zusammensetzung. Waren es zu Beginn „Steingärten“,verwandelte sich die Blütenpracht in halbhohe mir nicht bekannte Blumen mal einen blauen Schimmer über die Wiese legend, dann weißlich, dann aufgelockert durch mannigfaltige Orchideen in gelb oder in verschiedensten Abtönungen von violett, um auf der Höhe zu weißen Narzissen, Krokussen und Traubenhyazinthen überzugehen. Und diese Aussichten, die sich an jeder Biegung immer wieder veränderten. Auf der Höhe erwartete uns eine kleine Pferdeherde mit Fohlen, Barbara war völlig verzückt. Und so strahlend und begeistert und gelöst habe ich Christoph selten erlebt. Lange verweilen konnten wir nicht, da der Wind uns ziemlich eisig um die Ohren pfiff und ich mir Handschuhe wünschte. Auf der anderen Seite eilten wir den Berg wieder hinunter, Christoph wollte auf keinen Fall zu spät zum abendlichen Gottesdienst kommen.

Auch die anderen hatten einen erfüllten Tag erlebt.

Am Montag machten wir einen Ausflug zunächst zu einer kleinen Benediktinerabtei Eutizio, wunderschön in einem kleinen Seitental gelegen, ansprechend heimelig. Wir fühlten uns gleich geborgen.

Von da aus fuhren wir in Serpentinen durch den sybillinischen Nationalpark hinauf auf einen Pass, was ist Gottes Welt doch so schön. Um dann in eine Hochfläche vor dem Monte Vettore einzubiegen. Dort werden verschiedenste Hülsenfrüchte angebaut,

die wohl Ende Juni diese Hochfläche in ein Blumenmeer verwandeln. Auf einem Felsen erhebt sich die Ortschaft Castelluccio, die an diesem Tag (Feiertag in Italien) vollerTouristen war (und wir mittendrin). Wir hatten ein ausgesprochen nettes Erlebnis mit einer sehr pfiffigen, flotten und charmanten Bedienung. In der Sonne gönnten wir uns alle ein Nickerchen und genossen es in dieser das Herz ansprechenden, erhebenden  und weitenden Landschaft zu sein. Was habe ich vor kurzem gelesen: „Die Schönheit der Welt ist das zärtliche Lächeln des Christus quer durch die Materie.“ (Simone Weil). Dem kann ich nichts mehr hinzufügen.

Voller Dankbarkeit kehrten wir wieder zurück. Am Dienstag hatten uns die Augustiner freundlicherweise zum Mittagessen eingeladen, es war schön mitzuerleben wie das momentane Zuhause von Christoph und seine Umgebung ist. Ja dann kam auch der Abschied von Mario, der unsere Herzen im Sturm erobert hatte und es war zu spüren, dass er sich zu uns hingezogen fühlte.

Am Nachmittag fand noch eine Begegnung mit einer Eremitin statt. Ich war nicht mit dabei. Die anderen kamen sehr beeindruckt von diesem Treffen zurück. Bei mir ist „hängengeblieben“, dass vor allem die Entschiedenheit und Klarheit und das Durchdrungensein von dem göttlichen Auftrag beeindruckt hat.

Ja und schon war die wunderbare Zeit vergangen. Noch einmal eine Blick aus dem Fenster auf die gegenüberliegenden Berge.

Mit übervollem Herzen starteten wir auf den Heimweg. Klaus entschloss sich mit uns beiden Damen sich auf den Heimweg zu machen, so hatten wir in Spoleto einen kundigen Führer, genossen noch einmal das Flair einer italienischen Stadt und eines Capuccino.

Mitten einer Zwischenübernachtung in Como kamen wir ohne Zwischenfälle wieder nach Deutschland zurück.

 

Voller Dankbarkeit und mit vollem Herzen und gestärkt durch Gottes reiche Gaben erlebe ich mich nun im Alltag.

 

Große Dankbarkeit allen, die dazu beigetragen haben, dass diese Reise überhaupt möglich wurde.Vor allem möchte ich an dieser Stelle Anna-Maria nennen, die das organisatorische „drumherum“ mit einer Freude und einem Engagement macht, das bewundernswert ist.

Danke auch allen anderen so Margarete und Werner, Christoph, den Augustinern in Cascia, die uns in ihrem Exerzitienhaus aufgenommen haben. Ein Herzenswunsch wäre, dass es in Cascia oder Andernorts wieder die Möglichkeit eines Kurses mit Margarete, Werner und Christoph geben könnte.

 

Und bis wir uns wiedersehen halte Gott dich/euch fest in seiner Hand.....           

 

Ruth

 

 

Ganz erfüllt von diesen Tagen sind dann auch Barbara, Christoph und ich nach Hause aufgebrochen. Allerdings fuhren wir nicht so weit, sondern nur 250 km bis San Gimignano. Dort wurden wir sehr herzlich im Augustinerkloster begrüßt von P. Brian und seinem Mitbruder Delfio.

Die Augustinerkirche und das Kloster grenzen an die Stadtmauer und sind deshalb fernab vom Trubel. Hinter dem Hauptaltar der Kirche entdeckten wir gut erhaltene Fresken von Benozzo Gozzoli, die die Lebensgeschichte des Augustinus erzählen. Der Innenhof des Klosters lud zum Verweilen ein und die kleine Hauskapelle faszinierte uns mit ihrer Atmosphäre und ihrer hervorragenden Akustik. Mit Christoph überquerten wir die Piazza Sant'Agostino und waren schon in der Fußgängerzone. Wir erkundeten die mittelalterliche Stadt, genossen ein leckeres Eis und entdeckten auf dem Rückweg zum Kloster einen wunderschönen Olivenhain. Anschließend machten wir uns auf eine Entdeckungsreise im Kloster und fanden sehr heimelige Aufenthaltsräume, einen riesigen Speisesaal (für große Gruppen) und schöne, einladende Gästezimmer vor.

P. Brian servierte uns ein mehrgängiges, leckeres Abendessen und da noch mehr internationale Gäste anwesend waren, wurde es ein sehr lebendiger, schöner Abend.

Die Nacht verbrachten wir in gemütlichen Zimmern und genossen in der Frühe die Aussicht in die Weite der Toskana. Nach einem opulenten Frühstück, gingen wir drei in die Kapelle zum Morgengebet.

Der Abschied fiel mir von diesem wunderbaren Ort nicht leicht.
Er weckte in mir eine große Sehnsucht und die Hoffnung, dass hier Begegnungen und Kurse mit mir liebgewordenen Menschen möglich werden mögen. Nach einem herzlichen Abschied von P. Brian und Delfio, fuhren wir beflügelt in Richtung Deutschland mit der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen.

 

In mir ist noch immer eine große Dankbarkeit für diese segensreiche, heilsame Zeit, bin noch ganz erfüllt von all dem Erlebten.

Ich danke Euch allen für die schöne, gemeinsame Zeit und das geschwisterliche Miteinander.

„Wo die Liebe wohnt, fängt das Leben an, Hoffnung wächst die trägt,Träume werden wahr…“

Eure Anne